Im Sommer 2022 stand der Wortlaut zur Jahreslosung 2024 fest. Damit beginne ich mit der Vorarbeit zu einem Motiv: Worum geht es? Wo steht es? Welche Bilder gehen mir durch den Kopf. Oft mache ich eine Ideensammlung zu jedem Wort. Meist denke ich: „Da wird mir nix einfallen.“ Dann hängt Text an der Wand und ich schau immer wieder drauf. Welche Farben möchte ich, gibt es Metaphern, die mir kommen. Manchmal erzählt dieser eine Satz eine ganze Geschichte. Diesmal eher nicht. „Alles, was ihr tut geschehe in Liebe.“ Es ist keine spezielle Geschichte, es gibt keine handelnden Personen. Ich denke: „Wie soll man das darstellen, ohne dass es vor Kitsch tropft?“ Wie kann ich „Alles“ abbilden, wie „Liebe“? Bei uns in Europa wird Liebe meist mit einem Herz symbolisiert und meist wird dabei die Liebe von zwei Menschen gemeint. Dabei geht es hier natürlich um weit mehr. Es geht darum, dass wir alles mit den Augen der Liebe sehen und mit Liebe handeln. Oder vielleicht durch eine Brille der Liebe. „Brille“ geht gar nicht. „Herz“ geht gar nicht. „Rotes Herz“ – geht nicht. Das sind so die Gedanken, die mir kommen. Es ist jedes Mal spannend. Oft will ich aufgeben, bevor ich angefangen habe. „Wie, in aller Welt, soll ich das malen?“
Ich beginne mit Skizzen – meist beginne ich mit Farben. Warm und einladend soll es werden. Es folgen endlose Skizzen mit Menschen, die einander zugewandt sind, und egal wie, es bleiben immer zwei Menschen, die sich nah sind. Ich möchte, dass sie unter dem Kreuz stehen und irgendwie durch das Kreuz verbunden werden. Dann mach ich Kreuze und Figuren oder dann Hände, die sich anfassen. Immer und immer wieder. Ich bin sehr unglücklich damit. Das ist mir zu platt. Es soll nicht um eine Paarbeziehung gehen. Sackgasse – weg damit.
Dann lese ich den Kontext nochmal. Es ist die Kurzfassung aus dem Hohelied der Liebe aus Korinther 13. Dort wird das alles ausführlicher erklärt. Dieser längere Text macht die Aussage verständlicher. Mir wird klar, ich werde das Motiv zusammen mit 1. Korinther 13 abbilden. Worte wie „sie lässt sich nicht erbittern“ oder „und wenn ich alles den Armen gäbe und hätte die Liebe nicht …“ sind mir wichtig.
Wie bildet man Liebe ab? Vielleicht doch ein Herz? Bitte nicht rosa. Welche Schriftart? Es soll persönlich sein, ich entscheide mich für Handschrift. Vielleicht kann man die Worte ja so untereinander schreiben, dass es ein Herz ergibt. Ich schreibe den Text zig mal. Hoch, breit, schmal, eng. Dann wird am Rechner jeder einzelne Buchstabe solange geprüft und verändert, bis mir die Zeilen gefallen.
Langsam formt sich ein inneres Bild: Es soll ein Herz werden, von dem Licht ausgeht. Es soll hell werden. Also muss es helle und dunkle Bereiche geben. Mit sehr dicken Pinseln mache ich rund 30 Herzen. Am Ende setze ich am Computer die Farben und Details solange zusammen, bis alles passt. Ich möchte mit Farben Räumlichkeit schaffen. Helle offene Farben sollen Licht in einen dunklen Raum bringen. Wie ein unruhiger Tiger bastle ich solange an dem Entwurf und lasse wochenlang nicht locker, bis ich zufrieden bin. Bis zum endgültigen Entwurf sind es um die 50 Varianten. Manchmal liegen die Nerven blank. Oft hilft Schokolade.
Das Motiv soll freundlich und offen sein. Immerhin wird das Bild in vielen Gemeinden ein ganzes Jahr hängen. Eine Gemeinde soll auch nach Monaten noch Neues entdecken, auch noch nach vielen Blicken sich nicht sattsehen. Das ist mir ein großes Anliegen. Und das Motiv sollte sich von den Bildern aus den vergangenen Jahren unterscheiden. Zwischendurch gibt es Besprechungen mit buch+musik und mit dem EJW. Wir diskutieren die Entwürfe, manches wird verworfen, manchmal gibt es neue Wege und Ideen. Es ist immer interessant zu hören, was andere sehen, wie Details wirken, welche Assoziationen andere haben.
Eigentlich bin ich Designerin – beim Design gelten andere Regeln als in der Malerei. Diese Bilder sind für mich eine Schnittstelle zwischen Design und Malerei. Bei der Jahreslosung gebe ich viel von meinem Inneren preis, Design ist wesentlich oberflächlicher. Mir ist wichtig die Bibeltexte verständlich zu machen. Es ist mir durchaus bewusst, dass ich den Text dadurch persönlich interpretiere. Ich lege meine Erfahrung mit Gott in die Bilder. Ich zeige meine Sicht auf ihn. Wenn man beim Betrachten meiner Bilder die Texte leichter versteht oder neue Hoffnung oder Mut bekommt, hab ich schon viel erreicht.